0) Und überhaupt, Sie fragen ja immer
Irgendwie fragen immer alle Leute wenn sie mit mir reden/chatten/kommunizieren, wie das denn mit dem zweiten Hund sei. Ich verstehe das durchaus, allerdings hält mich eben dieser Hund von der Erklärung ab. Nichtsdestotrotz. Hier also die ganze Wahrheit. Wie ich auf den (zweiten) Hund kam. Ursprünglich fing die Geschichte an mit “Wen es interessiert was ich am vergangenen Wochenende so gemacht hab…”. Aus technischen Gründen wurde dann ein “Wen es interessiert was ich die vergangenen 7 Tage so gemacht habe…” daraus, das sich dann zum “Wen es interessiert was ich die vergangenen 10 Tage so gemacht habe…”. Inzwischen sinds aber 2 Wochen und ich habe den Anfang umformuliert.
I) Kindchenschema. Wirkt immer.
Am Donnerstag vorletzter Woche (also vor nunmehr mehr als 2 Wochen) verhielt sich Pokki recht seltsam. Eigentlich verhält er sich immer seltsam, denn ich versuche ihn zu einem Wunderling zu erziehen. Diesmal allerdings erstaunte er gar mich. Beim Gassi gehen konzentrierte er sich immer auf eine bestimmte Bananenstaudenformation um die herum Unmengen an Bauschutt sowohl gestapelt als auch unsortiert liegen aus dem meine Hausbesitzer ihre neue Villa bauen. Die Formation ist ungünstig, denn ein Mann von meiner ausladenden Statur muss kriechen um in den Hohlraum dahinter zu gelangen. Pokki hingegen schritt frohen Mutes voran ins Dunkel. Gut, ich habe meine Tricks also knisterte ich kurzer Hand mit seiner Lieblingstreatmenttüte was ihn zurück ins kühle Heimathaus brachte und auch sonst immer bringt. Der Freitag kam und mit ihm der Vollmond (als stilistisches Mittel). Wir saßen am Abend auf der Veranda und suchten die thailändische These vom Kaninchen im Mond zu be- oder widerlegen als aus der Staudenregion gar hochfrequentes Fiepen zu vernehmen war. Pokki der gerade herum- und auslief setzte sich verdattelt vor die Bananen und blaffte bluffend in seiner Rolle als Wachhund in die Finsternis. Ein bisschen feige ist er trotz allem also war ich es der dem bisher unerhörtem Geräusch entgegenschritt. Ich befand mich runde zwei Schritte vom Dunkel entfernt als mir ein helles kleines Bündel fiepend entgegenschoss. Später einmal werde ich erzählt haben es wäre mir entgegengeschleudert worden, zu betreffendem Zeitpunkt hingegen erschloss sich mir dies Detail nicht. Das Bündel stellte sich dann als Welpe heraus. Auch dies erschloss sich mir erst später denn vorerst sah ich mich einem großen schwarzen Hund gegenüber. Wer mich im eloquenten Umgang mit Pokki dem Zwergfellbündel erleben durfte mag meinen ich wäre unter und mit Hunden aufgewachsen. Dem allerdings ist nicht so und ich empfinde eine tiefe Reserviertheit allen caninen Zeitgenossen gegenüber und dieser Spitz auf Steroiden war nicht unbedingt unfurchteinflößend. Er begann glücklicherweise zu bellen was mich der bellenden Nichtbeißer gedenken und einen Schritt auf den Köter zu machen lies. Der Hund schrumpfte (nur in in Größe, in Lautstärke schwoll er) und schritt rückwärts aus dem Blickfeld der Beteiligten in die Dunkelheit. Man hörte ihn noch einige Zeit in der Nachbarschaft bellen dann verstummte er. Das helle Bündel entpuppte sich als Welpe (glaubt mir, dieser Satz kommt im Englischen viel besser). Allerdings bewegte er (der Welpe, nicht der Satz) sich nur sehr langsam und fiepte recht zögerlich vor sich hin. Ich durchsuchte das Dickicht nach sorgerechtpflichtigen Wesen wurde allerdings nicht fündig was den Welpen auf die Veranda und unter die prüfend schnüffelnde Nase Pokkis brachte. Sowas seltsames Kleines hatte er nämlich bisher noch nicht gesehen. Nach einigen Minuten kam sowas wie Leben in das kleine Bündel und wir beschlossen mangels anderer Personen oder Tiere mit Anspruch jedweder Art auf den Hund selbigem erstmal zu einer Mahlzeit zu verhelfen. Die hatte er wohl nötig denn er fraß eine ganze Schüssel voll leer (Pokki schafft an gut bewegten Tagen eine 3/4 Schüssel). Der Hund fiel nach dem reichhaltigen Mahle an Ort und Stelle in tiefen Schlaf und meine Quelle fragte nach dem Namen, den wir ihm geben wöllten. Tief in meinem Inneren begannen kleine gelbe und rote Lampen zu blinken. Ich meinte wir warten erst mal ab ob sich suchende Eigentümer oder willige Zieheltern finden und die könnten dann Namen vergeben. Dies fand Verständnis und so führte ich nicht weiter meine Theorie von der stärkeren Bindung durch Namensgebung aus. Der Hund okkupierte Pokkis Bettchen (ein Ort, den selbiger nur zur Zufriedenstellung Herrchens aufsuchte um unbeobachtet dann auf der kühlen Fließen Fläche zu nächtigen. In dieser Nacht entsann ich mich auch, warum ich keine kleinen Welpen mehr der Familie zuführen wollte. Genau dreimal. Der Samstag kam und mit ihm niemand der nach einem Hund suchte. Allerdings auch jede Menge Würmer, die sich aus dem Hund herausschlängelten. Und Pokki meinte, den frischen Zementboden meiner Hausherrin betatzen zu müssen, exakt 30 Minuten nachdem ich ihn geduscht, geföhnt und gekämmt hatte. Ich hatte also einen hundlich erfüllten Tag. Gegen Abend machten wir uns zu unserem Haustierarzt (man kann das jetzt schon so sagen, wir gehen ja mit all unseren Haustieren da hin) auf und liesen feststellen, dass wir trotz des hängenden Zipfels runde 1000g Mädchen vor uns hatten, das außer den Würmern kerngesund war. Sie bekam ein Pillchen gegen die Würmer und wir fuhren heim wo sie die Pille wieder auskotzte und ein paar Würmer auf meiner Faulenzmatte hinterlies. Die Matte wanderte in den Müll und ich kaufte einen Käfig und eine neue Matte, die nach 2 Stunden bereits bepinkelt wurde. Wir suchten dann eine Weile nach Namen und nach so schamlosen Versuchen wie Sanook (jeder zweite Hund in Thailand heißt Sanook) und Mummin (eine Freundin hat grade eine Mummin-Phase, scheint in Japan trotz allem noch ganz aktuell zu sein) oder Cream und Whitey (sie hat cremefarbiges helles Fell) verkündete ich dann, ich höchstpersönlich werde den Namen vergeben und zwar Sonntag abend. Schließlich bin ich auch derjenige, der Nachts dreimal mit dem Vieh rausdürfe und die Bude putzt wenn es sich mal wieder für die Fliesen ent- und ausscheidet. Der Sonntag abend kam und mit ihm weder einen Abnehmer noch ein Nam. Gegen 23 Uhr hatte ich dann alles ausgetestet was in Richtung Farbe, Kosename und sonstiges ging, sowohl auf Thai als auch auf Englisch. Zuletzt hatte ich mich auf irgendwas Blumiges versteift. Dummerweise ist Blume auf Thai ein recht hässliches Wort und Flower… naja… Rose… ich weiß ja nicht. Kurz vor Mitternacht fiel mir dann ein, dass die Tochter meines Mopedvermieters (Franzose) Fleur (Blume) heißt. Ich machte den Pokki-Test (“Fleur?” — und sie kam) und sie hatte ihren Namen weg. Seit Sonntagabend laufen bei uns im Haus auch schon die Hierarchiekämpfe. Fleur beißt Pokki immer ins Maul woraufhin er sie auf den Rücken wirft und kräftig in die Beine und sonstige herausragende Körperteile beißt. Das steigert sich dann solange bis Fleur fiepend zu wimmern anfängt und Pokki ein schlechtes Gewissen bekommt und von ihr ablässt, was sie dann wieder nutzt um wieder anzugreifen oder um einzuschlafen. Mir solls recht sein, solange Pokki gewinnt und sie hinterher schön müde sind und erstmal schlafen. Nun. So ist es wieder so wie Anfang des Jahres, Januar, Februar, als Pokki zu uns kam. Vielleicht ein bisschen schlimmer Nachts, weil sie sich einfach nicht entscheiden kann was sie nun will. das kann schonmal bis zu einer Stunde dauern bis sie sich zufrieden auf allen Vieren niederlässt ohne nach 5 Minuten wieder raus zu wollen weil sie doch noch nicht ganz fertig ist. Ich komme pro Nacht etwa zu 4 bis 5 Stunden Schlaf, davon maximal 2 Stunden am Stück. Fleur scheint vorerst wurmfrei zu sein und bei mir zu bleiben (“You know, in Thailand we dont like female dogs. No one want to have Fleur so she can stay with us.”). Tagsüber wenn ich im Büro bin sitzt sie geduldig zu Hause im Käfig und abends und nachts wird mit Pokki kräftig eins drauf gemacht. Ein bisschen bin ich ja gespannt, was das noch so geben wird.
II) Nachwuchs nach dem Nachwuchs
Nachdem man so mit dem ersten Nachwuchs ins Reine gekommen ist gerät man in eine Phase, in der man denkt, nun sei alles ok. Kein nächtliches Aufwachen mehr, weil der Nachwuchs unbedingt Stoffwechselprodukte in die Welt setzen muss oder einfach nur allein ist und jemanden haben will, der ihm über das Fell streicht. Keine zweistündigen Auslaufperioden mehr. Man lässt ihn auch schon mal zu Hause und geht wieder aus. Und dann passiert es. Man passt einmal nicht auf und alles geht von vorne los. Der nächste Nachwuchs kommt und die Nächte werden wieder schlaflos. Man wollte es ja. Scheiss Kindchenschema.
III) Und die Moral von der Geschicht
Irgendwie sagen mir alle (Thai)Frauen jetzt immer, was für ein gutes Herz ich habe. Ehrlich gesagt würde ich dieses gute Herz für 8 (Acht!!) Stunden Schlaf am Stück sofort eintauschen. Nichtsdestotrotz denke ich, dass mir alles im nächsten Leben zu gute kommen wird.
PS) Inzwischen
- ist der Hund 2200g schwer (nach 8 Wochen leben und fressen, nach 6 Wochen wog er nur 1000g)
- als Thai-Labrador identifiziert. Was das Thai dabei zu sagen hat, weiß ich nicht. Eventuell (soll heißen hoffentlich) dass er etwas kleiner bleibt, auch wenn man das nicht unbedingt erwarten kann bei der Gewichtszunahme.
- schläft sie draussen, lebt sie draußen. Ich finde es leichter die Veranda täglich zu schrubben anstatt mein Haus nach Häufchen und Pfützchen zu durchsuchen.
- hat sie ihren eigenen Flickr-Tag