Sagen Sie möglichst neutral “So, ab heute trennen sich unsere Wege”
Ich bin jetzt seit acht Wochen “arbeitslos”. Das klingt irgendwie kürzer als es sich manchmal anfühlt. Andererseits ist es eine ausreichend lange Zeit, um endlich mal auf die Reihe zu bekommen, wie es weitergehen soll. “Ich habe da verschiedene Ansätze” sprach der Autor entspannt gelassen und lehnte sich zurück.
<txp:gho_permalink id=“546”>Ich wurde schon im Dezember vergangenen Jahres auf unschöne Art und Weise darauf aufmerksam gemacht</txp:gho_permalink>, dass mein Arbeitsplatz beim Ex-Arbeitgeber nicht von Dauer sein würde und durchaus launenabhängig sowie interpretationsbedürftig war und fing bereits da an, zu überlegen, wie es im vergleichbaren Falle weiter gehen würde. Die Zeit mit den Praktikant(inn)en war nochmal ganz schön (bis auf die letzten beiden Tage, nicht wahr?), dann gings mit Hochgeschwindigkeit bergab. Der erwähnte vergleichbare Fall trat dann (mit identisch schematischem und verbalem (“So, ab heute trennen sich unsere Wege”) Vorgehen) am 1. Juni ein.
Ich war weder verwundert noch geschockt noch sonderlich überrascht und hatte bereits genug angespart um in kein Loch zu fallen. Ein bisschen musste ich mir das Grinsen verkneifen, aber das muss(te) ich mir eigentlich immer. Ich genoss zwei Wochen des gepflegten Alkoholismusses (das lässt das Gesicht so unschön aufschwellen, ein Grund mehr fürs Abgewöhnen) und begann dann die Situation zu sondieren.
Die Leute mit denen ich mich diesbezüglich unterhalten habe waren zum größten Teil interessanterweise erleichtert für mich, vor allem wenn sie die Berichte des vorangegangenen anderthalben Jahres mit verfolgt hatten. Meine Eltern waren (und sind) natürlich äußerst besorgt — das finde ich aber normal in einer Generation die durch die Wende sowohl in existentielle als auch familiäre Krisen geschleudert wurdetxp:gho_footnote Mir fällt gerade auf, dass man das missverstehen könnte, also mal klarer, deutlicher: Ich kenne niemanden, der nach der Wende nicht arbeitslos wurde und komplett neu anfangen musste und selbst heute noch irgendwie sich abmühen muss, um “durchzukommen”.</txp:gho_footnote>. Lustig fand ich die häufiger auftretende Frage, ob ich denn nun nach Island auswandern würde, wie ich es immer geplant hatte. Ich kann euch beruhigen, das habe ich immer erst mit dem Alter von 50 geplant und es irgendwie in den letzten zwei Jahren mehr und mehr ausgeblendet und gerade jetzt vergessen. Irgendwie bin ich hier hängen geblieben und kann mir (derzeit) nicht vorstellen, “weg”txp:gho_footnote aus Asien</txp:gho_footnote> zu gehen.
Nun aber zur eigentlichen Frage: Wie geht es weiter? Grundsätzlich gibt es da zwei Möglichkeiten.
Variante 1: Angestellt
Mein weiterer präferierter Schaffensweg (hehe, siehe Variante 2) wäre eine Festanstellung als Projektingenieur oder Prozessingenieur. Man mag es kaum glauben aber ich bin durchaus Diplom-Ingenieur (EffHah) für Industrial Management and Engineering. Interessanterweise habe ich mich gleich nach meinem Diplom im IT-Bereich selbständig gemacht und eher im Bereich Qualitätssicherung (für Dräger in Lübeck) und Webdevelopment (für verschiedene Hamburger Unternehmen, hehe) gearbeitet. Es entwickelte sich immer mehr weg vom Ingenieurwesen hin zu verschiedenen IT-Projekten. Wer mich online aus der Zeit zwischen 1997 und 2003 kennt weiß, was ich alles gemacht habe. In den vergangenen 2 Jahren war ich dann Programmierer (in Thailand durch den farbigen Titel Senior Development Engineer geschmückt) und meine projektplanerischen und prozessoptimierenden Fähigkeiten wurden eher unterdrückt, totgelabert und fehlinterpretiert.
Nicht nur deshalb will ich eher im Projektmanagement tätig sein. Ich habe in den letzten 10 Jahren in zuweilen weltweit operierenden Firmen mit erleben dürfen, was die jeweils Managenden als Projektmanagement verkauft haben und genügend optimierbare Ansätze gefunden.
Gerade in den letzten Wochen liest man immer wieder, dass in Thailand qualifiziertes Ingenieur-Personal gesucht wird. Es gibt auch bei jeder halbwegs auflagenstarken Zeitung mit Webauftritt immer ein Projekt in der Art von Stepstone wo man sich als arbeitssuchend oder -bietend anmelden kann. Das bin ich. Es gibt auch jede Menge Stellenausschreibungen die auf mein Profil und meine Wünsche zugeschnitten sind — mich mag nur niemand (ja, bedauert mich mal alle). Das Problem beim thailändischen Bewerbungswesen ist, dass man weder eine Nachricht bekommt, dass eine Bewerbung eingegangen ist noch eine Nachricht, wenn der potentielle Arbeitgeber sich für einen anderen entschieden hat. Das merkt man meistens erst, wenn die ursprüngliche Annonce verschwunden ist. Es ist ein recht unkommunikatives Genre.
Das allerdings ist auf beiden Seiten einer Bewerbung so. Ich habe auch beim Ex-Arbeitgeber feststellen dürfen, dass einige Bewerber bereits auf eine (mehr oder weniger) kurzfristig auf ihre Meldung geschickte Nachricht nicht mehr gemeldet haben (das ist allerdings Hörensagen, diesbezüglich gibt es Mehrmeinungen).
Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass wenn ich mich auf eine Stelle bewerbe und ein Thai sich auf die gleiche Stelle bewirbt eben jener bevorzugt eingestellt wird weil er als Ingenieur rund 1/3 meiner Personalkosten verursacht (mal die ganzen Kosten für Arbeitsvisa und -erlaubnis nicht mit eingerechnet).
Das ist also eine denkbar ungünstige Situation.
Variante 2: Selbständig machen
Ich wollte ja nach meiner unerfolgreichen Selbständigkeit in Deutschland eigentlich kein eigenes Unternehmen mehr sein. Irgendwie fehlt mir das Zeug zu einem guten Verkäufer und als Selbständiger muss man genau das können, um an Aufträge, Arbeit und das damit verbundene Geld zu kommen. Um ein optimales Privatunternehmen zu werden bräuchte ich einen Partner, der sich um die Auftragsbeschaffung kümmern würde und auch schon mal unverschämte Forderungen stellen kann. Ich bin zu brav für “sowas”.
Für die selbständige Existenz bin ich also denkbar ungeeignet. Dazu kommen die ganzen rechtlichen Ecken und Kanten als Ausländer in Thailand. Um ein Unternehmen zu gründen das einen Farang einstellen kann muss man mindestens 2 Millionen Baht (40.000 Euro) pro Farang investieren. Das Geld muss nur wärend der Unternehmensgründung im Land und auf dem Geschäftskonto sein ;) Allerdings konnte ich mit dem mickrigen Mindestgehalt der letzten Jahre bei Weitem nicht so viel sparen. Es gibt allerdings eine Lücke im System (Achtung Sarkasmus): Ein Unternehmen mit mindestens 100 Thaimitarbeitern muss keine 2 Millionen Baht Grundkapital haben um einen Farang zu beschäftigen (und das benötigte Visa und die Arbeitserlaubnis zu beantragen). Dann kann man auch eine “normale” Firma mit 50.000 Baht Eigenkapital (rund 1000 Euro) sein. Dummerweise komme ich auf höchstens 50 Thais die ich in eine Firma stecken kann.
Es sieht also nicht gut aus, was eine Gründung im Lande betrifft. Nichtsdestotrotz gibt es noch die Möglichkeit in Thailand Dauerurlaub zu machen und Aufträge aus Deutschland (und “anderswo”) zu bearbeiten und in Deutschland Steuern zu zahlen.
Und was denn nun?
Ich werde sehen wie meine verschiedenen kleinen Bestrebungen voran gehen. Solange das Geld noch nicht alle ist brauche ich nicht panisch zu werden. Eine Anstellung wäre fein. Ich würde dafür sogar samt Hunden und Freundin nach Bangkok oder Hong Kong auswandern. Es deutet aber schon irgendwie auf Selbständigkeit hin. Leider. Sage ich heute. In ein paar Jahren sag ich vielleicht Zum Glück. Oder gar nichts mehr.
In den nächsten Tagen werde ich mal einige “Geschäftsideen” vorstellen, die ich in den vergangenen Wochen aufgestellt und wieder verworfen habe. Jetzt Thai sein wäre gut…